Eine Website zu Projekten aus dem Unterricht und außerunterrichtlichen Bereich von

Ulrich Fischer-Weissberger 

Lehrer am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Waldkirch

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Antisemitismus wieder hoffähig?
Unterrichtsprotokolle
Auszüge aus der Hohmannrede
Analyse der Argumentation und Kritik der Hohmannrede

 

In den letzten Tagen des Oktober und den ersten Novembertagen machte ich folgende Erfahrung:

Die Ablehnung von antisemitischen Äußerungen, wie sie der Parlamentsabgeordnete Hohmann in seiner Rede vom 3.10.03 unverhüllt äußerte, ist in der politischen Öffentlichkeit einhellig.
Befremdlich war aber für mich die Reaktion einiger Schülerinnen und Schüler und anderer nicht in der Öffentlichkeit stehender Mitbürger.

Sie sagten sinngemäß Folgendes: „Das mit dem Antisemitismus ist nicht gut, aber hat er (Hohmann)nicht Recht, schauen wir doch die Politik der Juden in Israel an.“ Sie fuhren dann zumeist so fort: „Wir Deutschen sind auch wer, wir müssen nicht immer unsere Schuld eingestehen, das ist alles schon so lange her ...“

Dass eine solche Haltung zu erreichen, schon die halbe Miete zum Erfolg ist, wissen rechtsextreme Demagogen wie Herr Hohmann. Sie bedienen dabei das Bedürfnis, sich positiv auf die Geschichte Deutschlands beziehen und das Negative relativieren zu können.

Hierbei wird ein Defizit im Selbstverständnis von uns Deutschen deutlich. Unser Nationalgefühl bietet für viele zu wenig Positives. Dieses Positive kann aber nicht durch Verfälschung oder Verschweigen von historischen Gegebenheiten erreicht werden.

Meines Erachtens ist dies nur möglich, wenn eine ehrliche Beschäftigung mit unserer Geschichte stattfindet; dabei müssen sowohl die Schattenseiten (nationalsozialistische Verbrechen, undemokratische Entwicklung unseres Nationalstaates im 19. und frühen 20. Jahrhundert) als auch die positiven Seiten (Widerstand gegen die NS-Diktatur, kulturelle und technische Leistungen von Deutschen usw.) wahrgenommen und aufgearbeitet werden.

Wir dürfen das Feld hierbei nicht rechtsextremen Demagogen vom Schlage eines Martin Hohmann überlassen.

Deshalb werde ich im Folgenden einen Redeausschnitt aus der Rede Hohmanns und eine Analyse, wie wir sie im Neigungsfach Geschichte 12 bei uns an der Schule diskutiert haben vorstellen.

Mir geht es dabei darum, den antisemitischen Diskurs Hohmanns kenntlich zu machen und zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit dieser Position aufzufordern.

Kurz ein paar Anmerkungen zum antisemitischen Diskurs in Hohmanns Rede:
Wie bei anderen rechtsextremen „Intellektuellen“ gebraucht Hohmann Begriffe, die keiner konkrete überprüfbaren Wirklichkeit entsprechen (vgl. Kant: Begriffe ohne Anschauung sind blind).

Der zentrale Begriff in der angesprochenen Rede ist der Begriff „Tätervolk“. Es gibt kein Tätervolk, denn Täter sind immer Individuen oder Gruppen, auf die eindeutig Handlungen zu beziehen sind. So kann ein Volk nie Täter sein, denn ein Volk besitzt nur geographische oder ähnliche Eigenschaften, kann aber nie die Eigenschaft, Untaten zu begehen, haben.

Ausgehend von seinem irrationalen Gebrauch des Begriffes Volk, kommt er zu Schlussfolgerungen, die logisch klingen, es demnach aber nicht sind. Er spricht vom jüdischen und deutschen Volk (hier vermischt er eine Glaubensgemeinschaft mit einem Staatsvolk) und bringt diese in Zusammenhang mit seinem Begriff des Tätervolks; schließlich konstruiert er ein „Gottlosenvolk“, das die Nazis und Bolschewisten umfassen soll.

Ziel seiner Ausführungen ist dabei offensichtlich, die Schuld der NS-Täter zu relativieren, indem er ihre Taten mit denen „bolschewistischer Juden“ gleichsetzt. Hierbei verwendet er das Klischee vom „jüdischen Bolschewismus“, wie es nach der Oktoberrevolution in rechtsextremen Kreisen üblich war.