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Ulrich Fischer-Weissberger

Lehrer am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Waldkirch

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Zu Hohmannrede und Antisemitismusdiskurs

Aus dem Unterricht; Protokolle der Unterrichtsstunden im Neigungsfach Geschichte und in Ethik 12

Geschwister-Scholl-Gymnasium Waldkirch Schuljahr 2003/4
Geschichte als Hauptfach (Herr Weissberger)

PROTOKOLL
Der Geschichtsstunde vom Donnerstag, dem 13.11.03
Protokollantin: Antonia Ritter
Alle Schüler anwesend

Thema der Stunde: Die Rede des MdBs Hohmann zum 3.Oktober 2003
Behandlung des Themas anhand des Zeitungsartikels der Süddeutschen Zeitung vom 11.11.03 „Hohmanns judenfeindlicher Diskurs“ (von Wolfgang Benz)

Herr Weissberger stellte am Anfang der Stunde klar, dass er mit der Behandlung dieses schwierigen Themas weder Stellungnahme noch ein Parteibezug der Schülerseite erreichen will, sondern nur auf die gefährlichen antisemitischen Argumentationswege hinweisen möchte.

In 20minütiger Einzelarbeit machten sich die Schüler den Inhalt des Textes klar, fanden Überschriften für die einzelnen Abschnitte und diskutierten dann zu zweit über den Artikel.
Arbeit im Plenum:
Zur Texterfassung trug ein Schüler seine gefundenen Absatzüberschriften und die wichtigsten Punkte des Textes wurden mit Herrn Weissberger besprochen:

Vergleich eines Zitates von Goebbels mit den Äußerungen Hohmanns
Selbes Argumentationsmuster
Veraltetes Gedankengut
Beweis: Hohmann argumentiert antisemitisch

Die antisemitische Gleichsetzung des Bolschewismus mit dem Judentum:
Mordtaten der Bolschewiki werden als jüdisch hingestellt
Geschichtliche Richtigstellung: Betroffenen Bolschwewiki bekannten sich nicht zum Judentum, sondern hatten nur jüdische Vorfahren.
Menschen wurden/ werden von anderen zu Juden gemacht.

Begriffserklärung:
Was ist ein Jude? wer in Israel geboren ist?
Wer eine jüdische Mutter hat?
Wer nach dem Glauben lebt?
Die Juden sind kein Staatsvolk. Nicht jeder, der in Israel lebt, ist
Jude.
Was ist Antisemitismus? Eine bestimmte Form von Judenhass
Was die Nazis betrieben haben und wonach auch
Hohmann argumentiert, ist rassistischer
Antisemitismus.
Aufklärung durch Schülerin:
Homann bezeichnet in seiner Rede anfangs zwr sowohl Juden als auch Deutsche als Tätervolk, widerruft dies am Ende aber und bezeichnet statt dessen die „Gottlosen“ als Tätervolk.
Es gibt kein Tätervolk! Täter sind Einzelpersonen oder Gruppen.

 


Protokoll
Neigungsfach Geschichte

Stunde vom 14.11.03
Protokollantin: Elena Schäfer
Alle Schüler anwesend

I. Es werden zwei Arbeitsblätter ausgeteilt und bearbeitet
1. Auszüge aus der Rede des Politikers Hohmann zum 3. Oktober
2. Strukturschema der Argumentation und Kritik

II. Besprechung der Klausur im Einzelgespräch, parallel dazu Lektüre der beiden Arbeitsblätter.

III. Diskussionsrunde zu Thema „Die Antisemitismusrede Hohmanns“ unter Beachtung der Rhetorik anhand der ausgeteilten Blätter :

1. Der Begriff „deutsches Volk“ (Z.4) ist in diesem Zusammenhang unangebracht, da die
Wiedergutmachungen hauptsächlich vom deutschen Staat, der Industrie und sonstigen
gesellschaftlichen Gruppen geleistet wurden und nicht vom gesamten deutschem
Volk.
2. Die Wiedergutmachungen wurden von Hohmann historisch falsch eingeordnet.
Die Zwangsarbeiter wurden zum Beispiel erst ab den 90er Jahren entschädigt. Diese Entschädigung ging jedoch nur schwerfällig voran und bis heute wurden einige noch gar nicht entschädigt (vgl. IG-Farben-Insolvenz von dieser Woche).
3. Hohmann versucht den Begriff „Tätervolk“ (Z.19) zu relativieren indem er nach einer
„dunklen Seite“ (Z.9) beim jüdischen Volk fragt.

IV. Fazit
In Hohmanns Rede zeigt sich eine antisemitische Argumentationsweise.
Menschen können mit rhetorischen Mitteln manipuliert werden.

V. Anmerkung zum Umgang mit dem Text (von U. Weissberger, nicht von der Protokollantin)

Zur Interpretation von kulturellen Zeugnissen, Texten, Filmen, Reden usw., wurde die hermeneutische Methode entwickelt. Diese geht davon aus, dass ein Werk nicht für sich steht, sondern gesellschaftlich-historische, individuell-biographische (Autor) und ästhetische Merkmale(1) hat.

Für die Analyse des Textauszuges aus der Rede Hohmanns bedeutet dies, dass wir u.a. darauf achten müssen, dass Hohmann diesen Text als Rede auf einer Veranstaltung zum Tag der deutschen Einheit am 3.10.03 hielt. Er verfolgte damit bestimmte Ziele (individuell-biographischer Aspekt) als Politiker, die aus den rhetorischen Merkmalen dieser Rede zu erschließen sind. So gebrauchte er den Begriff „Tätervolk“ bewusst im Zusammenhang mit Juden, um den Täterbegriff zu verwischen und bei den Zuhörern zu bewirken, dass beim Gebrauch dieses Begriffes an Juden gedacht wird.
Gleichfalls bediente er mit seiner Rede (gesellschaftlich-historischer Aspekt) den Unmut vieler Deutscher mit dem Verhältnis zu unserer Nation oder unserem Volk und bot eine angeblich plausible Identifikationsmöglichkeit an, da er auf Defizite anspielte und Angebote, diese auszugleichen, vorstellte.


(1)Ein Film ist ein anderes Medium als ein Gedicht als Text oder, wieder anders, im Vortrag.

Protokoll Schuljahr 2003/2004
Der Ethikstunde vom 12.11. 2003 12.1

Protokollant: Philipp Ruppenthal


Aktueller Einstieg: Die Rede zur Deutschen Einheit von Martin Hohmann (CDU)
(Text aus der Süddeutschen Zeitung als Zusatzinformation verteilt)

  • Hohmann macht antisemitische Äußerungen: Bezeichnet Juden auch als
    “Tätervolk“, da einige Juden an Erschießungskommandos beteiligt waren.

Sein Ziel: Wollte die Vorurteile gegen die Deutschen als Tätervolk abschaffen.
Nach dem Motto: Es gibt auch andere “böse Völker“.

Hohmanns Fehler: Er sagt meist richtige geschichtliche Dinge, bringt sie aber in einen
falschen Zusammenhang. Er bezeichnet die Juden als “Tätervolk“ und
bringt sie in Verbindung mit dem Bolschewismus.

ABER: Täter = Individuell
Ein “Tätervolk“ gibt es nicht!
Ein Volk ist nichts Natürliches und hat deshalb auch keine natürlichen
Eigenschaften!

Zusammenhang zur vorherigen Stunde: Naturalistischer Fehlschluss der
Verallgemeinerung

  • wird oft von Antisemiten gemacht, weil es sehr bequem ist.
  • Einzelne Eigenschaften verschiedener Personen werden auf ganze Völker oder Gruppen angewendet.
  • Irrationales Argumentationsschema

 

Fragestellung am Rande: Darf Degussa am Mahnmal mitarbeiten?

  • Erst verdienen sie Geld durch das Gas, dann Geld, indem man ihnen ein Mahnmal baut!“
  • Nicht angebracht, man sollte auf die Empfindung der Opfer denken!
  • Die heutige Degussa hat aber nichts mehr zu tun mit den Personen die für das Gas verantwortlich waren.
  • Wäre in Ordnung, wenn sie es kostenlos machen

Wiederholung: Was ist ein naturalistischer Fehlschluss?

Aufgabe: Jeder schreibt zu schöner Musik, was ihm/ihr dazu einfällt.

Auswertung: Man versucht natürliche Eigenschaften auf die Moral des Menschen zu übertragen und damit als gut und immer geltend zu bezeichnen.

Beispiel: Welchen Fehlschluss begehen Rassisten?
Individuelle Eigenschaften auf Rassen / Völker zu übertragen