Eine Website zu Projekten aus dem Unterricht und außerunterrichtlichen Bereich von

Ulrich Fischer-Weissberger

Lehrer am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Waldkirch

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Karl Jäger, Massenmörder aus Waldkirch

Erinnern wir uns

Gespräch mit zwei Schülerinnen aus dem Geschichtsprojekt

"Mein Großvater sagte, er sei ein guter Musiker gewesen. Man soll doch nicht immer darauf herumreiten. Das sei doch jetzt wirklich schon lange her, vorbei, Geschichte. Die Familie müsse doch jetzt nicht mehr darunter leiden. Wir sind empört über die Verbrechen, über die Verbrecher, den Verbrecher."

Wie passt dies zusammen? Es passt zusammen. Empathie, Mitgefühl, für andere. Dies darf aber nicht missbraucht wer-den, um deren Mitleidlosigkeit zu kaschieren.

Nach der Lektüre von Uwe Timm, Am Beispiel meines Bruders. Hier nähert sich einer dem möglichen Verbrecher; er beschönigt nicht. "Es kommt darauf an, daß einer es wagt, ganz er selbst, ein einzelner Mensch, dieser be-stimmte einzelne Mensch zu sein; allein ... mit dieser ungeheuren Verantwortung."(S.147 ) Uwe Timm zitiert hier Sören Kirkegaard.

Wir dürfen nicht verhindern, wir müssen dies fördern. Ein einzelner Mensch, wir sind es nur, wenn wir unsere Geschichte haben, sonst sind wir Teil der Lebenslügen der Täter, der Tätergeneration und Teil der Wünsche von deren Kindern, die sich ihre Väter nur allzu oft umlogen: "Er war ein ausgezeichneter Musiker." Nein, er war ein Massenmörder.

Mir kommt die Idee zur Rede am 27.1.04. "Er musste zwei Gefangene .... Er habe den Karabiner... und geschossen, zweimal... die wären sowieso verhungert..."(S.131) Uwe Timm erzählt die Geschichte mit seinem Bruder, so wird dieser Bruder Geschichte. Wir berichten, nehmen wahr, so entsteht Geschichte. Es entsteht kein falsches Mitgefühl mit den wegschauenden Angehörigen und mit der sich zu Opfern stilisierenden Tätergeneration.

Uli Weissberger, Dezember 2003