Eine Website zu Projekten aus dem Unterricht und außerunterrichtlichen Bereich von |
Ulrich Fischer-Weissberger Lehrer am Geschwister-Scholl-Gymnasium in Waldkirch |
Überlebende des Völkermords an den Juden in Litauen berichten |
Die folgenden Bilder sind bis auf eines im KZ Struthof im Elsaß aufgenommen. EIN UNGEWÖHNLICHER BESUCH Sechs ehemalige litauische Ghetto-Häftlinge in Freiburg 15-22.Oktober 1999 Zur Situation der Litauischen Holcaust-Überlebenden Hilfsfonds "Jüdische Sozialstation" e.V. -Ghetto-Überlebende Baltikum Margot Zmarzlik, Sickingenstr. 50, 79117 Freiburg |
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Vorwort
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Die Geschichte des kleinen Jungen Edmundas Zeligmanas enthält in nuce alle wesentlichen Züge des Krieges der Deutschen gegen die Sowjetunion in seinem nördlichsten Abschnitt, der schon in den ersten Tagen zum Vernichtungsfeldzug gegen die jüdische Bevölkerung Litauens wurde'. Das Vorgehen der deutschen Besatzer war gekennzeichnet durch eine Reihe von Maßnahmen, die ähnlich auch in den anderen ost und mitteleuropäischen Regionen durchgeführt wurden: 1. enge Kooperation mit Teilen der litauischen Polizei, den sog. "Weißbindenträgern" 2. radikale Vernichtung der jüdischen Einwohner durch vielfältige Aktionen 3. Verschleierungsversuche der Verantwortlichen durch taktisches Vorgehen: zuerst Ermordung der Männer '("künftige Partisanen") nach Gewöhnung der Soldaten bzw. Polizisten an die Massaker Ermordung von Frauen, Kindern und Alten, Vortäuschung von Normalität der Maßnahmen gegenüber den Opfern ("Arbeitseinsatz" ). 4. Risikobereite Versuche eines Teils der litauischen Bewohner, die zum Tode bestimmten Juden zu retten. |
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Die jüdische Bevölkerung Litauens hat die Vernichtungsaktionen als eine Art Weltuntergang erlebt. Für die wenigen, die gerettet wurden, wurde die Erinnerung daran zu einem düster quälenden Alptraum, der nicht mehr wich. Viele Überlebende haben ihre Erlebnisse niedergeschrieben. Auch Edmundas Zeligmanas hat über seine Kindheitserfahrungen in jener Zeit berichtet. | ||||||||||||||||||||
Wenn Verfolgungsgeschichten den Leser zunächst meist mit der fassungs- und ratlosen Frage zurücklassen: In was für einer Welt leben wir? So wirkt die Geschichte von E. Zeligmanas noch irgendwie anders. Da durchläuft ein zehnjähriger Junge, kleiner und zierlicher als seine Altersgenossen, ganz alleine alle nur möglichen Schreckenssituationen, entwischt "entläuft fünf Mal unmittelbar vor der Ermordung dem militärgestützten Polizeiapparat, läuft auch nachts durch einsame Wälder, kehrt von Heimweh getrieben zweimal in das von den unbarmherzigen Verfolgern besetzte Heimatstädtchen zurück-. Beobachtet und registriert alles, was er erlebt, mit einer erstaunlich distanzierten Genauigkeit: die Verzweiflungstat des "kleinen Alten", die zu flachen "Gräben", das "rot gefärbte Flüsschen", die rührenden Mitleidsgesten der Nachbarn, deren "große Verwunderung", als der Junge plötzlich auftaucht...- er nimmt auch sich selbst ganz sachlich und distanziert wahr: "den kleinen, erschrockenen, aber unverwirrten Jungen" - auch die Namen der Orte, der Retter und Opfer sind genau und stimmen -, Was diese Verfolgungsgeschichte so ungewöhnlich macht, ist die atemberaubende Genauigkeit und Sachlichkeit, mit der ein todgeweihtes, unmittelbar vom Tod bedrohtes Kind die grauenvollen Schreckensszenen, die es umgibt, beobachtet, registriert, wohl auch für seine Flucht nutzt und in dieser Distanz seine kleine Existenz in jeder Weise gegenüber einem übermächtigen Geschehen behauptet. Wie David. | ||||||||||||||||||||
So ist die Geschichte des Edmundas Zeligmanas einerseits eine sehr anschauliche Vergegenwärtigung der litauischen Geschichte im 2. Weltkrieg. Sie ist aber vor allem so etwas wie ein Weltspiegel, weil sie dokumentiert, was unter Menschen möglich ist: die unmenschlichen Grausamkeiten der deutschen Machthaber und ihrer litauischen Helfer und die bedingungslose Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit der litauischen Retter . Es ist auf einem sehr düsteren Hintergrund eine tröstliche Geschichte vom Mut und der List eines Kindes, dem das schier Unmögliche gelingt, einem riesigen Vernichtungsapparat zu trotzen, von dem verzweifelten Mut eines alten Mannes, der durch eine ungewöhnliche Tat eine ausweglose Situation für einen entscheidenden Augenblick 'öffnet' und von der Mitmenschlichkeit einfacher litauischer Nachbarn, die ganz selbstverständlich ihr Leben einsetzen, um einen kleinen Jungen zu waschen, zu kleiden, zu speisen, zu trösten und sein Leben vor den unbarmherzigen Gewalttätern zu schützen. Dass die Rettung gelang, ist eben nicht nur ein Wunder. |
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Für uns ist es ein Glück, dass der damals zehnjährige Edmundas als 68-jähriger schmaler Mann mit einem aufmerksamen blassen Intellektuellengesicht uns in Vilnius und Freiburg begegnete wie auch Polina, Izaokas und die anderen und wir damit ganz konkret die Chance erhalten, gegen die erlittene Gewalt unsere Fürsorge und Liebe zu setzen. Margot Zmarzlik |
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Edmundas Zeligmanas CURRICULUM VITAE |
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Ich, Edmundas Ruvenas Zeligmanas, wurde am 25. Februar 1931 in dem litauischen Kleinstädtchen Sifale (Gebiet Taurage) in der Familie des Synagogenkantors geboren. | ||||||||||||||||||||
Als ich zehn Jahre alt war , besetzten die Deutschen Silale, am 2. Tag des Feldzuges gegen Russland, das war am 23.6.1941. Diejenigen Juden unserer Stadt, die von den Gräueltaten der Nazis gehört hatten, versuchten zu flüchten, aber es gelang nur wenigen. Mit der Ankunft der Deutschen begannen die Massaker. Zuerst verhafteten die Helfershelfer der Nazis, nämlich litauische Polizisten, die Frauen, die für die sowjetischen Behörden gearbeitet hatten. Sie wurden gequält: Es wurden ihnen fünfzackige Sterne aus dem Leib geschnitten, Ohren und Zungen abgeschnitten, dann wurden sie auf dem jüdischen Friedhof von Silale getötet. So kamen Liba Kaplan, Liba Zeligman, Jente und Rahel Cigel ums Leben. | ||||||||||||||||||||
Die Henker kamen auch zu uns ins Haus, um Wertgegenstände zu holen. Ich war alleine zu Hause. Sie wollten mich mit einem großen Messer erstechen, aber ich sprang durch das Fenster hinaus und entlief. | ||||||||||||||||||||
Am 7. Juli 1941 wurden mehr als hundert Männer und Jungen in die Synagoge
getrieben und dort eingesperrt. Litauische Polizisten, die die Synagoge
bewachten, begannen nachts durch die Synagogenfenster Granaten zu werfen.
Viele der Eingesperrten kamen ums Leben. Die überlebt hatten, wurden am
nächsten Tag getötet.
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