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Ulrich Fischer-Weissberger 

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  Rechtsextreme auf der Gedenkveranstaltung zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus in Waldkirch am 27.1.2004

 

Ihr sollt sie einschärfen euern Kindern.

 

Eure Kinder sollen das Antlitz von euch wenden.

 

Zwei Zitate aus dem Gedicht von Primo Levi waren das Motto für unsere Gedenkveranstaltung am 27.1.2004; wir wollten an die Verbrechen der Nazis in Litauen erinnern und der Opfer, die unter anderem auch unter dem menschenverachtende Verhalten des ehemaligen Waldkircher Bürgers, Karl Jäger, gelitten haben, gedenken.

 

Wie in einem Spiegel sahen wir die Mahnung Primo Levis im Verhalten der rechtsextremen Störer vor uns.

 

Primo Levi „Ist das ein Mensch?

 

Ihr, die ihr gesichert lebet
In behaglicher Wohnung;
Ihr, die ihr abends beim Heimkehren
Warme Speise findet und vertraute Gesichter:
Denket, ob dies ein Mann sei,
Der schuftet im Schlamm,
Der Frieden nicht kennt,
Der kämpft um ein halbes Brot,
Der stirbt auf ein Ja oder Nein.
Denkt, ob dies eine Frau sei,
Die kein Haar mehr hat und keinen Namen,
Die zum Erinnern keine Kraft mehr hat,
Leer die Augen und kalt ihr Schoß
Wie im Winter die Kröte.
Denket, dass solches gewesen.
Es sollen sein diese Worte in eurem Herzen.
Ihr sollt über sie sinnen, wenn ihr sitzet
In einem Hause, wenn ihr geht auf euren Wegen,
Wenn ihr euch niederlegt und wenn ihr aufsteht;
Ihr sollt sie einschärfen euern Kindern.
Oder eure Wohnstatt soll zerbrechen,
Krankheit soll euch niederringen,
Eure Kinder sollen das Antlitz von euch wenden.“ (S.9)

 

Die Folgen des Nicht-Einschärfens haben sich auf der Veranstaltung in Waldkirch gezeigt.

Die jungen Rechtsextremisten, die unsere Veranstaltung störten, haben sich den Falschen zugewandt. Ihnen wurde unsere Vergangenheit nicht „eingeschärft“, so kam es – es gibt sicherlich auch noch andere Gründe - zu einem solch provozierenden Verhalten:

 

Die Schüler berichten davon, dass litauische Mörder unter den Augen der Bevölkerung und im Beisein von Wehrmachtsoldaten an einer Straßenecke zusammengetriebene Juden mit Eisenstangen erschlagen, ein Bild von diesen Untaten ist in den Raum projiziert. Die jungen Männer stehen hinten im Raum, unterhalten sich und grinsen, schließlich entrollen sie ein Transparent, die Aufschrift erinnere ich nicht mehr. Nach unserer Aufforderung verlassen sie unter dem Skandieren des Spruches „Ruhm und Ehre der Deutschen Wehrmacht“ den Raum.

 

Mit unserer Veranstaltung wollten wir einen Anstoß für eine verantwortungsvolle Auseinandersetzung mit unserer Geschichte geben.

 

Es war beruhigend zu sehen, wie entsetzt alle Anwesenden und vor allem die Schülerinnen und Schüler auf das oben beschriebene Verhalten reagiert haben.

 

Beunruhigt und traurig gestimmt hat mich, dass kein Vertreter der Waldkircher Politik unsere Veranstaltung besucht hat.

 

GK-Ethik13 und Ulrich Fischer-Weissberger, 29.1.04